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and https://web.archive.org/web/20110325121 ... -kills-uva
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Neue Bands fürs Jetzt: Mater Suspiria Vision
Text: Christian Steinbrink, Foto: Botosz Ludwinski
Den Reiz von Mystik und Horror verliert Witch House, das neue Genre zwischen Gothic und Ambient, trotz der aktuellen Popularität nicht: Geheimnisvolle Charaktere wie der Duisburger Cosmotropia de Xam und sein Kollektiv Mater Suspiria Vision sorgen dafür.
Lange spekulierten diejenigen Blogger, die die obskuren Witch-House-Zirkel als Erste entdeckten, über die realen Standorte der Genre-Protagonisten. Im Fall von Mater Suspiria Vision gab MySpace einen Hinweis auf Afghanistan. Klingt zwar erst mal sehr weit weg von den üblichen Popplätzen – aber warum nicht? Und siehe da, während wichtige Labels wie Disaro oder Tri Angle in den Hipster-Hochburgen Los Angeles und New York residieren, kommen Mater Suspiria Vision wirklich aus einem wenig kunstbeflissenen Ort. Zwar nicht Kabul, aber immerhin Duisburg, dem Herz des Ruhrgebiets.
Sein Standort spiele aber, so Cosmotropia de Xam, Kopf des Projektes, überhaupt keine Rolle. Schließlich sei Witch House mit all seinen kunterbunt bezeichneten Spielarten wie Drag- oder Ghost-Drone ein geografisch unabhängiges Internet- und Blog-Phänomen, dessen mysteriöses Setting identifikatorische Elemente vermeide.
De Xams Vision unterscheidet sich in vielem grundlegend von herkömmlichen Bands des Genres wie den zuletzt durchgestarteten Salem. Statt sich wie diese rar zu machen und ästhetisch und strategisch auf der Klaviatur des Marktes zu spielen, immer den Mainstream-Erfolg im Visier, setzen de Xam und sein Kollektiv auf trashig zusammengeschnittene Video-Collagen und massiven CD-R-Output über sein eigenes Label Phantasma Disques. Ständig erscheinen auf dem bandeigenen Vimeo-Account neue Clips, Huldigungen an die Arbeit von Regisseuren wie Jean Rollin, Kenneth Anger und vor allem Dario Argento. Sie verquicken melancholische Morbidität mit Kunstspektakel und brutalem Horror. Das besondere i-Tüpfelchen sind die schrillen psychedelischen Farben. „Kontextmorphing“ nennen Mater Suspiria Vision das.
Auch die Musik ist collagig angelegt. Sie setzt sich aus den extrovertierten Stilen der letzten Jahrzehnte zusammen: Schleppende Industrial-Beats verknüpfen sich mit Sounds aus Dark Wave, Trance und Psychedelic. Dank der über die Maßen eingesetzten Hall-Effekte ist sie anschlussfähig an zeitgenössische Sounds wie Chill Wave. So sehr man beim Hören zwar an mit dem Genre verbundene Bands wie Toro Y Moi und Washed Out denken muss, haben Mater Suspiria Vision laut de Xam den Stil in seiner puristischen Spielart aber schon anfänglich hinter sich gelassen. Er sieht sein Kollektiv eher dem Witch House zugerechnet, dessen obskure Symbole und Codes den Wohlfühlsound des Chill Wave ins Geheimnisvolle führen. Hinter einer Schlange aus grafischen Zeichen wie „///▲▲▲“ verbergen sich Titel, deren verwirrende Schreib- und Sprechweise Normalsterbliche außen vor lassen soll. Bewusst werden so Out- und Insider einer Szene markiert, deren fanatische Hingabe für die Außenstehenden beeindruckend bis beängstigend wirkt.
Text: Christian Steinbrink, Foto: Botosz Ludwinski
Den Reiz von Mystik und Horror verliert Witch House, das neue Genre zwischen Gothic und Ambient, trotz der aktuellen Popularität nicht: Geheimnisvolle Charaktere wie der Duisburger Cosmotropia de Xam und sein Kollektiv Mater Suspiria Vision sorgen dafür.
Lange spekulierten diejenigen Blogger, die die obskuren Witch-House-Zirkel als Erste entdeckten, über die realen Standorte der Genre-Protagonisten. Im Fall von Mater Suspiria Vision gab MySpace einen Hinweis auf Afghanistan. Klingt zwar erst mal sehr weit weg von den üblichen Popplätzen – aber warum nicht? Und siehe da, während wichtige Labels wie Disaro oder Tri Angle in den Hipster-Hochburgen Los Angeles und New York residieren, kommen Mater Suspiria Vision wirklich aus einem wenig kunstbeflissenen Ort. Zwar nicht Kabul, aber immerhin Duisburg, dem Herz des Ruhrgebiets.
Sein Standort spiele aber, so Cosmotropia de Xam, Kopf des Projektes, überhaupt keine Rolle. Schließlich sei Witch House mit all seinen kunterbunt bezeichneten Spielarten wie Drag- oder Ghost-Drone ein geografisch unabhängiges Internet- und Blog-Phänomen, dessen mysteriöses Setting identifikatorische Elemente vermeide.
De Xams Vision unterscheidet sich in vielem grundlegend von herkömmlichen Bands des Genres wie den zuletzt durchgestarteten Salem. Statt sich wie diese rar zu machen und ästhetisch und strategisch auf der Klaviatur des Marktes zu spielen, immer den Mainstream-Erfolg im Visier, setzen de Xam und sein Kollektiv auf trashig zusammengeschnittene Video-Collagen und massiven CD-R-Output über sein eigenes Label Phantasma Disques. Ständig erscheinen auf dem bandeigenen Vimeo-Account neue Clips, Huldigungen an die Arbeit von Regisseuren wie Jean Rollin, Kenneth Anger und vor allem Dario Argento. Sie verquicken melancholische Morbidität mit Kunstspektakel und brutalem Horror. Das besondere i-Tüpfelchen sind die schrillen psychedelischen Farben. „Kontextmorphing“ nennen Mater Suspiria Vision das.
Auch die Musik ist collagig angelegt. Sie setzt sich aus den extrovertierten Stilen der letzten Jahrzehnte zusammen: Schleppende Industrial-Beats verknüpfen sich mit Sounds aus Dark Wave, Trance und Psychedelic. Dank der über die Maßen eingesetzten Hall-Effekte ist sie anschlussfähig an zeitgenössische Sounds wie Chill Wave. So sehr man beim Hören zwar an mit dem Genre verbundene Bands wie Toro Y Moi und Washed Out denken muss, haben Mater Suspiria Vision laut de Xam den Stil in seiner puristischen Spielart aber schon anfänglich hinter sich gelassen. Er sieht sein Kollektiv eher dem Witch House zugerechnet, dessen obskure Symbole und Codes den Wohlfühlsound des Chill Wave ins Geheimnisvolle führen. Hinter einer Schlange aus grafischen Zeichen wie „///▲▲▲“ verbergen sich Titel, deren verwirrende Schreib- und Sprechweise Normalsterbliche außen vor lassen soll. Bewusst werden so Out- und Insider einer Szene markiert, deren fanatische Hingabe für die Außenstehenden beeindruckend bis beängstigend wirkt.